Wir schulden der Welt den Einsatz für Freiheit

EU-Sonderbeauftragter für Religionsfreiheit zum Ende des Mandats
 

 
"Wir schulden der Welt den Einsatz für Freiheit"
 

 
Von Franziska Broich (KNA)

Brüssel (KNA) Als Papst Franziskus 2016 den Internationalen Aachener
 

 
Karlspreis erhielt, schuf EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker
 

 
das Amt des Sonderbeauftragten für Religionsfreiheit außerhalb der
 

 
Europäischen Union. Der ehemalige EU-Kommissar Jan Figel (59)
 

 
übernahm es. Ende Oktober läuft die Amtszeit des Slowaken offiziell
 

 
aus. Im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) spricht
 

 
Figel über Herausforderungen, Errungenschaften und Veränderungen für
 

 
die Position.
 

 
KNA: Herr Figel, was sind Ihre größten Errungenschaften in den drei
 

 
Jahren als EU-Sonderbeauftragter für Religionsfreiheit?
 

 

 
Figel: Das Wichtigste ist die Tatsache, dass es diese Position in der
 

 
EU gibt. Und ich hoffe sehr, dass es sie auch weiterhin geben wird.
 

 
Es ist wichtig für jene Menschen, die wegen ihrer Religion verfolgt
 

 
werden; und davon gibt es immer mehr. Zudem war mir wichtig
 

 
klarzumachen, dass es bei Glaubensfreiheit um die Menschenwürde geht.
 

 
Dieser Wert hat Priorität bei den Menschenrechten, und wir als
 

 
Europäer müssen ihn verteidigen. Wir brauchen einen 'Klimawandel' bei
 

 
der Religionsfreiheit, denn immer mehr Menschen werden wegen ihrer
 

 
Religion verfolgt. Religionsfreiheit ist in vielen Ländern ein Thema
 

 
von Leben und Tod. Im Sudan und in Pakistan konnten wir die Leben
 

 
mehrerer Gefangener retten.
 

 
KNA: Warum ist es wichtig, dass sich die EU in der Welt für
 

 
Religionsfreiheit einsetzt?
 

 

 
Figel: Wir können nur teilen, was wir in der EU haben: Respekt für
 

 
Vielfalt. Das friedliche Zusammenleben zweier Gemeinschaften ist ein
 

 
Beispiel und der beste Beitrag, wenn wir in Konfliktgebieten wie dem
 

 
Nahen Osten, Afrika oder Südostasien etwas verändern wollen. In der
 

 
Vergangenheit hat Europa Spaltung, Kriege und totalitäre Regime
 

 
exportiert. Nun sind wir eine stabile und wohlhabende Gemeinschaft.
 

 
Unser Modell ist zwar bei weitem nicht perfekt, aber es basiert auf
 

 
universell gültigen Prinzipien und Werten. Das war der Traum der
 

 
Gründungsväter Europas wie Konrad Adenauer und Robert Schuman. Die
 

 
europäische Demokratie mit dem Respekt für Freiheit ist ein Ergebnis
 

 
von einschneidenden Tragödien und moralischem Erwachen in Europa. Wir
 

 
schulden der Welt den Einsatz für Freiheit. Die Religionsfreiheit ist
 

 
eine Grundlage für verantwortungsvolle Staatsführung und nachhaltige
 

 
Entwicklung und damit eine wichtige Voraussetzung für alle - Gläubige
 

 
und Nichtgläubige.
 

 
KNA: Sie haben eine Erklärung über Menschenwürde für jeden und an
 

 
jedem Ort veröffentlicht. Wie sehen Sie das Verhältnis von
 

 
Menschenwürde und Religionsfreiheit?
 

 

 
Figel: Unsere verschiedenen Identitäten werden von unserem Umfeld
 

 
geprägt. Doch egal ob wir aus einer Königsfamilie oder einer
 

 
Obdachlosenfamilie stammen, ob Europäer, Afrikaner oder Amerikaner:
 

 
Unsere Würde ist gleich, egal welcher Religion, Gemeinschaft oder
 

 
welchem Volk wir angehören. Wir müssen die verschiedenen Identitäten
 

 
respektieren; jeder Mensch ist anders. Doch darüber dürfen wir auch
 

 
die Würde eines jeden Menschen nicht vergessen.
 

 

 
Die Menschenwürde ist für mich eine Münze mit zwei Seiten: Freiheit
 

 
und Rechte stehen auf der einen Seite, Verantwortung und Pflichten
 

 
auf der anderen Seite. Auf meinen Reisen als Sonderbeauftragter in
 

 
den Sudan, Pakistan, Jordanien, Libanon, Ägypten und in den Irak habe
 

 
ich mit religiösen, politischen und gesellschaftlichen Führern über
 

 
die Bedeutung von Freiheit gesprochen und ihren Beitrag zum
 

 
Zusammenleben, zu Gerechtigkeit und Gemeinwohl in der Gesellschaft.
 

 
KNA: Mit dem Ende der EU-Kommission von Jean-Claude Juncker läuft ihr
 

 
Mandat aus. Wird es ihr Amt auch weiter geben?
 

 

 
Figel: Mit Vertretern aus Politik, Kirche und Hilfsorganisationen
 

 
haben wir zwei Tage über das Thema beraten. Das EU-Parlament war
 

 
durch Mairead McGuinness vertreten, Vizepräsidentin und zuständig für
 

 
den Dialog mit den Religionen. Sie hat signalisiert, dass das
 

 
Parlament daran interessiert sei, dass es die Position des
 

 
Sonderbeauftragten weiterhin gibt und seine Rolle gestärkt wird. Auch
 

 
der Europäische Auswärtige Dienst unterstützt eine Weiterführung des
 

 
Mandats. Ich hatte einen intensiven Austausch mit dem
 

 
EU-Sonderbeauftragten für Menschenrechte, Eamon Gilmore. Unsere
 

 
Arbeit ergänzt sich gut. Am Ende liegt die Entscheidung bei der neuen
 

 
EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen.
 

 
KNA: Inwiefern müsste sich das Amt weiterentwickeln?
 

 

 
Figel: Wir brauchen eine angemessene Institutionalisierung. Das
 

 
bezieht sich sowohl auf die Kompetenzen als auch auf die finanziellen
 

 
Mittel. Der Sonderbeauftragte muss konstruktiv mit den
 

 
EU-Institutionen zusammenarbeiten - und natürlich auch von den
 

 
EU-Mitgliedstaaten unterstützt werden.

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